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Stand: 07.05.2019

Pressemitteilung

TelefonSeelsorge

TelefonSeelsorge200.jpg TelefonSeelsorge - Aus dem Alltag eines verschwiegenen, stillen Dienstes - bedingungslos und ohne Vorurteile

„Jetzt geht´s mir schon besser, ich kann mal wieder durchatmen.“ - Solche oder ähnliche Sätze hören Menschen, die ehrenamtlich für die TelefonSeelsorge arbeiten, häufiger. Und diese Sätze sind ein großer Erfolg.
Sie sind Lehrer, Krankenschwestern, Sozialarbeiter, Industriekaufleute, Verwaltungsleute, Hausfrauen, Arbeitslose, und etwa ein Viertel von ihnen ist im Ruhestand. So in etwa setzt sich die Gruppe der Ehrenamtlichen bei der TelefonSeelsorge Duisburg zusammen, die außerdem für die Städte Mülheim und Oberhausen aktiv ist. Mit 58 Jahren liegt der Altersdurchschnitt relativ hoch. „Etwa 85 % unserer Ehrenamtlichen sind Frauen.“, erklärt Olaf Meier (53). Der gelernte Theologe und Psychologe ist der Beauftragte des Ruhrbistums für die TelefonSeelsorge. „Auch wenn wir keine Altersbeschränkung für diese Tätigkeit vorgeben, suchen wir immer Leute, die Lebenserfahrung haben und die eine gewisse Kontinuität bieten können, um verlässlich planen zu können.“

Die TelefonSeelsorge im Bistum Essen beschäftigt rund 230 Ehrenamtliche an ihren drei Standorten Duisburg, Bochum und Essen und ist in allen Städten mit unterschiedlichen Modellen ökumenisch organisiert. Kontinuierlich erhalten die Ehrenamtlichen Supervisionen, Aus- und Fortbildungen, die von Profis durchgeführt werden. „Und das ist auch wichtig“, wie Hildegard Burgsmüller (Name geändert) bestätigt. Die 55-jährige Hausfrau ist nach einem Lehramtsstudium und der Erziehung ihrer drei Kinder seit 2003 dabei. Ihr Interesse für die TelefonSeelsorge wurde damals – hochschwanger – während des Studiums durch einen Anruf bei der TelefonSeelsorge geweckt. „Ich habe mich damals bei diesem Testanruf einfach gut aufgehoben gefühlt. Nachdem meine Kinder alt genug waren und ich wieder etwas Zeit für mich hatte, wollte ich etwas für die eigene Persönlichkeit und für die Gesellschaft tun. Ich habe mich an das Gespräch während meines Studiums erinnert und mich hier beworben.“ Und sie erklärt weiter: „Es sind die Gespräche mit den Menschen am Telefon, die einen sozusagen ´erden´. Ich werde hier bei meiner Arbeit als TelefonSeelsorgerin mit Problemen konfrontiert, die ich aus eigener Erfahrung so nicht kenne. Es ist jedes Mal auch eine Begegnung mit sich selbst“, erklärt Hildegard Burgsmüller, „Wenn etwa mal ein Gespräch ´misslingt´, ist das wie eine Hausaufgabe für mich. In der Supervisionsgruppe klären wir dann, was passiert ist, ob das Gespräch womöglich eigene wunde Punkte berührt hat.“

Oft melden sich Menschen bei der TelefonSeelsorge, weil sie Probleme haben  mit Tod, Trauer, Partnerschaft, Sucht und - ganz entscheidend - Einsamkeit. „Ich habe großen Respekt vor vielen Menschen, die bei uns anrufen und bin immer wieder erstaunt, wie zum Beispiel Menschen in Armut es schaffen, klar zu kommen.“, so Hildegard Burgmüller. „Denn es sind mehr geworden“, sagt Olaf Meier, „die uns anrufen und auch vor Augen führen, wie es sich anfühlt, arm zu sein.“
Für einige Anrufer ist der Anruf bei der TelefonSeelsorge das einzige Gespräch am Tag. Das sind oft Menschen mit Bewegungseinschränkungen oder Menschen, die an Depressionen leiden. Aber es gibt auch Dauergäste am Hörer, die sich einfach nur entlasten wollen. Olaf Meier erklärt: „Wir haben hier Menschen, die zum Teil schon seit Jahrzehnten bei uns anrufen. Für diese Menschen sind wir Alltagsbegleiter.“ Hildegard Burgsmüller ergänzt: „Wir machen uns dann hier schon Sorgen, wenn ein Daueranrufer sich eine gewisse Zeit nicht gemeldet hat. Und das ist vielleicht auch der Wermutstropfen bei dieser Arbeit: Wir bekommen hier so gut wie nie eine Rückmeldung, denn die TelefonSeelsorge ist ein anonymer, verschwiegener und stiller Dienst.“ Anonymität ist aber auch ein Schutz für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. So wird sichergestellt, dass ein Anrufer nicht privat Kontakt aufnehmen kann. Alle Rufnummern werden unterdrückt, und die Telekom übernimmt alle Kosten auch für andere Anbieter und für Weiterleitungen für den Fall, dass eine TelefonSeelsorge mal nicht besetzt ist. Dann wird automatisch auf die räumlich nächst gelegene Telefonseesorge weitergeleitet.

Nachts sind Gespräche oft intensiver, manchmal begleitet von anhaltendem Schweigen oder auch Weinen. Die Menschen - auch die TelefonSeelsorger selbst - sind dünnhäutiger, bisweilen getroffen von der eigenen Ratlosigkeit. Ganz im Gegensatz zur landläufigen Meinung ist nicht Weihnachten eine Zeit, in der die TelefonSeelsorge stark in Anspruch genommen wird, sondern Silvester. Hier wird Einsamkeit besonders krass, wenn Menschen auf ein vielleicht schlechtes Jahr zurückschauen.

Hildegard Burgsmüller: „Wir sind keine Problemlöser, aber wir können Menschen für den Moment entlasten. Wir helfen, selbst wenn wir nur zuhören. Es ist jedes Mal ein toller Erfolg, wenn es gelingt, gemeinsam mit einem Anrufer zu lachen, oder wenn ein Anrufer sagt ´Das Gespräch hat mir jetzt echt gut getan!´ – Das ist längst nicht immer der Fall. Im Schnitt ruft mindestens jeden zweiten Tag ein Mensch mit dem Gedanken oder gar der Absicht an Selbsttötung an. Die Besonderheit der TelefonSeelsorge in Duisburg, die für die Städte Duisburg, Mülheim und Oberhausen zuständig ist: Sie kann in solchen Fällen an die Krisenbegleitung weitervermitteln, die der TelefonSeelsorge direkt angeschlossen ist. Etwa die Hälfte dieser Anrufer nimmt das Angebot an.

Olaf Meier erklärt, die Zahl der Anrufer habe abgenommen. Von 60.000 im Jahr 2009 auf 54.000 im Jahr 2010. Ein Grund sich zu freuen oder sich Sorgen zu machen? „Weder noch“, sagt Olaf Meier, „denn die Dauer der einzelnen Gespräche ist länger geworden. Der Rückgang bei den Anrufern hat aber vielleicht auch damit zu tun, dass sich das Kommunikationsverhalten gerade bei den jüngeren Menschen wandelt. Hier werden heute mehr Beratungen über die Chat- und Mailberatung angenommen, die die TelefonSeelsorge im Ruhrbistum auch anbietet. Dies geht über telefonseelsorge.org.“

Die „ehrenamtlichen Telefonwächter“, wie es früher hieß, verpflichten sich für eine monatliche Präsenz von ca. 15 Stunden. Hinzu kommen die einjährige Ausbildung, die Supervision einmal im Monat und diverse Fortbildungen.

Die TelefonSeelsorge im Ruhrbistum sucht ständig Freiwillige, die sich für mehrere Stunden im Monat verpflichten, „Dienst am Hörer“ zu tun. Interessierte sollten Offenheit und Toleranz mitbringen. Sie sollten belastbar sein, eine bewältigte Krisenerfahrung ist von Vorteil, aber nicht Bedingung. Hildegard Burgsmüller: „Der Dienst bei der TelefonSeelsorge macht bescheidener und behutsamer mit Vorurteilen.“ (Christoph Grätz)

Foto: Hildegard Burgsmüller beim „Dienst am Hörer“, Foto: Grätz

TelefonSeelsorge im Bistum Essen seit 1974

rund um die Uhr - anonym – gebührenfrei

Tel. 0800 111 0 111 oder Tel. 0800 111 0 222

3 Hauptstandorte mit 230 Ehrenamtlichen:

- Duisburg für Duisburg, Mülheim und Oberhausen

- Essen für Essen, Gelsenkirchen, Gladbeck und Bottrop; parallel dazu eine
  evangelische TelefonSeelsorge mit dem gleichen Einzugsgebiet

- Bochum für Bochum, Wattenscheid, Hattingen, Herne, Wanne-Eickel, Witten

Ehrenamtliche leisten im Schnitt 15 Stunden Dienst pro Monat plus Fortbildungen und monatliche Supervisionsgruppen

Im 2009: 60.000 Anrufe; im Jahr 2010: 54.000 Anrufe

Träger der TelefonSeelsorge sind die jeweiligen örtlichen Caritasverbände

 

Annette Borgstedt
Referentin für Öffentlichkeitsarbeit
Caritasverband für Bochum
und Wattenscheid e.V.
Huestr. 15
D 44787 Bochum
Tel.: +49 / 234 / 9 64 22-64
Fax: +49 / 234 / 6 42 25
e-Mail: annette.borgstedt@caritas-bochum.de
www.caritas-bochum.de