Seit ihrer
Eröffnung im Jahr 2003 hat die Caritas-Einrichtung „Pluspunkt“ rund 1.700
Kindern geholfen, die unter LRS (Lese-Rechtschreibschwäche), Dyskalkulie
(Rechenschwäche) oder ADS / ADHS (Aufmerksamkeitsdefizitstörung mit oder ohne
Hyperaktivität) leiden. Ende vergangener Woche hatte das Team zu einem Empfang
in das Caritas-Beratungszentrum an der Ostermannstraße eingeladen, um zusammen
mit Jugendamtsleiter Dolf Mehring und Mitarbeitern aus der Jugendhilfe auf das
zehnjährige Bestehen der Hilfestelle zurückzublicken.
Genau genommen handelt es sich sogar um ein doppeltes Jubiläum: Denn zeitgleich
mit der Caritas-Einrichtung nahm damals die sogenannte „Clearingstelle“ der
Stadt Bochum ihre Arbeit auf. Sie ist die erste Anlaufstelle, wenn es Hinweise
auf eine schwerwiegende Teilleistungsstörung gibt, die sowohl die schulischen
Leistungen als auch die persönliche Entwicklung eines Heranwachsenden
beeinträchtigt. Bestätigt sich der Verdacht und besteht die Gefahr, dass durch
die Defizite eine seelische Behinderung entsteht, erfolgt die Weiterleitung an
den „Pluspunkt“. Die Therapie ist für die Betroffenen kostenlos und wird vom
Jugendamt finanziert.
„Die Jungen und Mädchen, die zu uns kommen, haben nicht einfach nur
Schulprobleme. Wir sind kein Nachhilfe-Institut. Wer bei uns eine
Fördermaßnahme erhält, hat einen massiven Leidensdruck“, erklärt Alexandra
Jürgens, Leiterin der Caritas-Einrichtung und von Anfang an als
Diplom-Psychologin im „Pluspunkt“-Team. So haben die Kinder und Jugendlichen
nicht nur mit der Rechtschreibung Probleme, vielmehr weisen sie auch sogenannte
„Sekundärsymptome“ auf, wie zum Beispiel Minderwertigkeitsgefühle,
Depressionen, Aggressivität, psychosomatische Erkrankungen oder
Schlafstörungen.
„Unsere Arbeit verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz. Neben dem Rechtschreib-
oder Rechentraining geht es uns vor allem auch darum, den Jungen und Mädchen
neues Selbstvertrauen zu geben. Sie sollen wieder gerne in die Schule gehen“,
veranschaulicht Alexandra Jürgens das therapeutische Konzept. Dafür steht ein
multiprofessionelles Team bereit, das aus zwei Psychologinnen, einer Pädagogin,
drei Sozialpädagoginnen bzw. -arbeiterinnen, einer Heilpädagogin und einer
Familienpflegerin besteht.
Wichtig ist außerdem die Zusammenarbeit mit den Eltern. Denn diese leiden mit,
wenn die Hausaufgaben zur nervenaufreibenden Zerreißprobe geraten und der Sohn
oder die Tochter nicht zur Schule gehen will. Daher findet neben der
wöchentlichen Einzelförderung der jungen Hilfesuchenden einmal im Monat auch
eine Beratung für die Eltern statt. Sie erhalten Tipps, wie sie mit ihrem Kind
üben und sein Selbstbewusstsein stärken können. Ebenfalls werden die Lehrer
durch Informationsgespräche und Fortbildungen in die Maßnahme einbezogen.
Jugendamtsleiter Dolf Mehring dankte in seiner Ansprache den Mitarbeiterinnen
der Kinderhilfeeinrichtung für die gute Zusammenarbeit: „Sie können stolz auf
die Leistung sein, die Sie als Team erbracht haben.“ Besonders würdigte er die
Bereitschaft der Caritas-Einrichtung, sich immer wieder neuen Herausforderungen
zu stellen und auf aktuelle Entwicklungen zu reagieren. So werden seit 2011
auch Kinder mit der Diagnose „Asperger-Autismus“ an der Ostermannstraße
betreut.
Was das therapeutische Angebot von "Pluspunkt" für die Familien
bedeutet, wird in den Glückwünschen deutlich, die die jungen Klienten zusammen
mit ihren Eltern zum Jubiläum formuliert haben: "Hier wird einem von
Mitarbeiterinnen, die mit allen Mitteln, mit Herz und Seele arbeiten, gezeigt,
dass es besser werden kann. Man wird nicht allein gelassen. Nicht als Kind,
aber auch nicht als Familie."