Wer in Bochum,
Wattenscheid, Herne, Wanne-Eickel, Hattingen oder Witten die kostenlosen
Rufnummern 0800 – 111 0 111 oder 0800 – 111 0 222 wählt, findet seit über 32
Jahren bei der
Telefonseelsorge
Bochum
ein offenes Ohr für seine Sorgen und Nöte. Damit das auch in Zukunft
so bleibt, haben die katholische und evangelische Kirche Bochum Ende letzter
Woche einen gemeinsamen Vertrag unterschrieben, der die Arbeit der
Telefonseelsorge inhaltlich und finanziell absichern soll.
„Damit geben wir dieser wichtigen ökumenischen Arbeit, die sich seit Jahren
entwickelt und bewährt hat, auch rechtlich einen Rahmen“, erklärt
Superintendent Peter Scheffler. Dass in Bochum und den Nachbarstädten ein hoher
Gesprächsbedarf besteht, zeigen die Zahlen aus dem aktuellen Tätigkeitsbericht:
Im vergangen Jahr nahm die Telefonseelsorge Bochum rund 16.000 Anrufe entgegen.
Das sind im Schnitt 25 Gespräche am Tag, die zwischen zwei und 45 Minuten
dauern. Die Themen sind vielfältig: „Oft geht es um Beziehungsprobleme, die die
Familie oder die Partnerschaft betreffen. Aber auch die Vereinsamung gewinnt
zunehmend an Bedeutung“, berichtet Mechthild Klünemann-Haering, Leiterin der
Einrichtung. „Viele Menschen haben niemanden, mit dem sie reden können. Das
gilt nicht nur für Krisensituationen, sondern auch für scheinbar Banales. Die
Alltagsbewältigung wird immer schwieriger.“
Bei der Telefonseelsorge können sich die Ratsuchende anonym, aber dennoch
vertrauensvoll mit einem qualifizierten und verschwiegenen Gesprächspartner
unterhalten. Und das 24 Stunden am Tag, also auch zu Uhrzeiten, an denen sonst
niemand zu erreichen ist. „Genau das ist doch die Aufgabe von Kirche: Anderen
Menschen ein offenes Ohr und ein hörendes Herz schenken“, unterstreicht
Stadtdechant Dietmar Schmidt die Bedeutung dieser besonderen Seelsorgeform.
Die Gespräche werden von derzeit 60 Ehrenamtlichen geführt, die sich ein Jahr
lang auf diese Arbeit vorbereitet haben. Für die Koordination der Dienste sowie
die Ausbildung und Begleitung der Ehrenamtlichen sind vier hauptamtliche
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit einem Beschäftigungsumfang von 2,75
Stellen verantwortlich. „Der jährliche Etat beträgt rund 260.000 Euro“,
erörtert Caritasdirektor Ulrich Kemner. „Davon entfallen 160.000 Euro auf die
Personalkosten, die schon immer von den beiden Kirchen getragen wurden. Neu
ist, dass auch die Sach- und Betriebskosten in Höhe von derzeit 100.000 Euro
geteilt werden.“ Der Caritasverband für Bochum und Wattenscheid übernimmt die
juristische Trägerschaft, ein Kuratorium mit Vertretern beider Konfessionen
wird außerdem die inhaltlich-konzeptionelle Weiterentwicklung begleiten.
„Damit sind wir gut für die Zukunft gerüstet“, freut sich Mechthild
Klünemann-Haering. Letztendlich ist der Vertragsabschluss auch eine Anerkennung
für das Engagement der Ehrenamtlichen, die zum Teil schon seit Jahren den
Dienst am Telefon übernehmen, gerade auch nachts oder an Feiertagen. „Unsere
ehrenamtliche Arbeit ist schon sehr anspruchsvoll. Aber ich nehme auch viel für
mich selbst mit“, erzählt Reiner S.*, der die Ehrenamtlichen der
Telefonseelsorge als Sprecher vertritt. Der 54-Jährige fügt hinzu: „Ich hatte
beruflich immer mit Menschen zu tun, aber das hier geht tiefer. Ich lerne
Welten und Schicksale kennen, mit denen ich sonst nicht in Berührung gekommen
wäre.“
Mindestens einmal täglich spielt das Thema Selbstmord eine Rolle. Damit die
Betroffenen und ihre Angehörigen über den Notruf am Telefon hinaus die
Möglichkeit haben, ein persönliches Gespräch zu führen, hat die Bochumer
Telefonseelsorge daher 1996 die Beratungsstelle PRISMA gegründet, die von
Pfarrer Werner Posner betreut wird. Im letzten Jahr haben hier 140 Gespräche
stattgefunden. „Unser Ziel ist es, die Zahl der 40 bis 50 Selbstmorde, die
jedes Jahr in Bochum begangen werden, zu senken“, sagt der evangelische
Theologe.
*Name von der Redaktion geändert.
Info:
Im Mai startet ein neuer Ausbildungskurs für Ehrenamtliche, für den noch
Plätze frei sind. Interessierte können unter Telefon 0234 / 5 85 11 oder per
E-Mail: bochum@telefonseelsorge.de Kontakt mit der Telefonseelsorge aufnehmen.