Als die Präsidentengattin Elly Heuss-Knapp im Januar 1950
das Müttergenesungswerk (MGW) gründete, lagen ihr vor allem die Trümmerfrauen
am Herzen, die in der Kriegs- und Nachkriegszeit um ihrer Kinder willen Hunger
litten. Warum die Arbeit der Stiftung auch heute noch, im Zeitalter der
modernen „Familienmanagerinnen“, weiterhin aktuell ist, davon konnten sich am
vergangenen Freitag die Besucher einer Jubiläumsfeier überzeugen, zu der der
Caritasverband für Bochum und Wattenscheid anlässlich des 60-jährigen Jubiläums
des MGW in sein Fortbildungszentrum an der Ostermannstraße eingeladen hatte.
„Obwohl sich das Frauen- und Familienbild in den letzten Jahrzehnten
grundlegend geändert hat, sind es nach wie vor die Mütter, die die Hauptlast tragen“,
stellte Caritasdirektor Ulrich Kemner gleich zu Beginn der Veranstaltung klar. Sie
versorgen die
Kinder, organisieren den Haushalt,
betreuen pflegebedürftige Familienangehörige – und das oft genug neben ihrer
Berufstätigkeit. Zugleich haben immer mehr Familien mit Geldsorgen,
Erziehungsproblemen oder Beziehungskonflikten zu kämpfen. Ulrich Kemner zollt
den Frauen dafür Respekt: „Als Vater weiß ich um die Leistungen im
Kleinunternehmen Familie, aber auch als Arbeitgeber schätze ich das
Organisationstalent und die soziale Kompetenz von Frauen und insbesondere von
Müttern.“
Dass diese Mehrfachbelastung nicht selten zu
einer Überforderung führt und sich in körperlichen und psychischen Beschwerden
äußert, davon berichtete Diplom-Pädagogin Brigitte Lipski-Spengler in ihrem
Fachvortrag „60 Jahre Müttergenesungswerk – Ziele, Aufgaben und aktuelle
Herausforderungen. Lipski-Spengler leitet seit 1992 ein Mutter-Kind-Kurhaus des
MGW in Berla / Hochsauerland und weiß aus Erfahrung, wie sehr sich viele Frauen
und Mütter nach Ruhe und Entspannung sehnen, um wieder neue Kräfte für den
Alltag sammeln zu können: „Gestern wie heute ist es daher das Anliegen des
Müttergenesungswerkes, Kuren für Mütter zu ermöglichen, für die Idee der
Müttergenesung zu werben und die Arbeit der Mütter zu stärken.“ Während der
Mütter- oder Mutter-Kind-Kuren erhalten die Frauen in Berla wie auch in den
anderen 84 Einrichtungen des MGW Gelegenheit, Abstand von ihrem Alltag zu
gewinnen und sich um sich selbst zu kümmern. Zum Präventions- und
Rehabilitationsprogramm gehören u. a. medizinische und psychotherapeutische Angebote,
Gesundheitsbildung, Ernährungsberatung, Sport-, Bewegungs- und Entspannungsübungen,
seelsorgerische Betreuung sowie die Initiierung weiterführender Maßnahmen am
Heimatort. „Natürlich können wir in dem knappen Zeitraum von drei Wochen nur
einen Einstieg geben, aber auch so können wir viel bewirken“, so
Lipski-Spengler.
Damit der therapeutische Erfolg von Dauer ist, arbeitet das Müttergenesungswerk
seit seiner Gründung mit den Wohlfahrtsverbänden zusammen. Diese sichern vor
Ort die ambulante Nachbetreuung, doch auch die gesamte Betreuung vor dem
Kuraufenthalt wird von den 1.400 Beratungs- und Vermittlungsstellen geleistet.
Allein die KAG – Katholische Arbeitsgemeinschaft für Müttergenesung hält 410
dieser Beratungsstellen vor. So auch in Bochum und Wattenscheid, wo sich Frauen,
die sich für eine Kur interessieren, an die Diplom-Pädagogen Ute Begier und Kay
Mohr vom Caritasverband für Bochum und Wattenscheid e.V. wenden können.
Eine weitere wichtige
Säule der Stiftungsarbeit ist nicht zuletzt das Engagement vieler Ehrenamtlicher,
die jedes Jahr rund um den Muttertag für das MGW sammeln, und das zum Teil
schon seit Jahrzehnten. Die Bochumer Feier zum 60-jährigen Jubiläum war somit auch
als Dankeschön für die ehrenamtlichen Helferinnen aus den Kirchengemeinden
gedacht. Ute Begier betonte, wie wertvoll der Beitrag der Ehrenamtlichen ist: „Nur
mit Ihrer Hilfe konnten und können sich auch Frauen mit geringem Einkommen eine
Kur leisten. Denn selbst wenn die Krankenkassen die Maßnahme bezahlen, fallen
Nebenkosten an, die Geringverdienende oder Hartz-IV-Empfängerinnen nicht aus
eigener Kraft tragen können.“