"Menschen müssen an ihrem Lebensende selbst
entscheiden können, wo und wie sie ihre letzten Tage und Wochen verbringen.
Daher bin ich froh und dankbar, dass sich die Hospiz-Kultur in den letzten zwei
Jahrzehnten so etabliert hat. Das ist auch Ihr Verdienst hier im Hospiz St.
Hildegard." Mit diesen Worten würdigte Staatssekretär Karl-Josef-Laumann
vom Bundesministerium für Gesundheit gestern Abend das 20-jährige Bestehen der
Einrichtung an der Königsallee, in der sterbende Menschen betreut und begleitet
werden. Zu dem Festakt war überraschend auch Bundestagspräsident Norbert
Lammert erschienen. Weitere Gäste waren Bürgermeisterin Erika Stahl,
Sozialdezernentin Britta Anger und der Essener Weihbischof Franz Vorrath.
Vorangegangen war der Feierstunde ein ökumenischer Gottesdienst in der
evangelischen Petrikirche in Bochum-Wiemelhausen. Diese Form wurde
bewusst gewählt: "Das Haus war von Beginn an ökumenisch ausgerichtet. Der
Caritasverband ist Träger des stationären Bereichs, die ambulante Hospizarbeit
wird vom evangelischen Kirchenkreis verantwortet, die ihren Stützpunkt hier im
Hospiz hat", erklärt Caritasdirektor Ulrich Kemner, der zugleich auch
Geschäftsführer der Hospiz-Trägergesellschaft ist.
Wie sehr der Gedanke, Menschen an ihrem Lebensende zur Seite zu stehen und
ihnen ein Sterben in Würde zu ermöglichen, christlich geprägt ist,
verdeutlichte Weihbischof Franz Vorrath in seiner Predigt: "Aus Sorge um
den Menschen setzen sich Christen dafür ein, dass das Leben eines jeden
Menschen – gerade auch in der Nähe des Todes – bis zuletzt geschützt
wird." Als das Hospiz St. Hildegard am 28. Oktober 1995 den ersten Gast
aufnahm, gab es in Deutschland gerade einmal 22 Einrichtungen dieser Art.
"Sie haben damals Pionierarbeit geleistet", erinnerte der Vorsitzende
des Hospiz- und PalliativVerbands NRW, Pfarrer Hans Overkämping, in seiner
Ansprache an die damaligen Anfänge.
Getragen und unterstützt wurde die Bewegung von zahlreichen Initiativen,
Organisationen und Privatleuten. "Ohne den Einsatz und die
Überzeugungskraft der Menschen in unserer Stadt, von denen uns viele bis heute
begleiten und tragen, gäbe es dieses Haus so nicht", dankte
Caritasdirektor Ulrich Kemner den Bochumer Bürgerinnen und Bürgern. Dies gelte
nicht nur für die Finanzierung der Arbeit – der Gesetzgeber schreibt vor, dass
Hospize 10 Prozent des Pflegesatzes durch Spenden tragen müssen, sondern auch
für die vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer, die das besondere Klima
des Hauses mitprägen. Für Staatssekretär Karl-Josef Laumann ist dieses breite
bürgerschaftliche Engagement das Besondere der Hospiz-Bewegung: "Sie haben
eine Struktur der Menschlichkeit geschaffen und deshalb wünsche ich Ihnen und
uns allen, dass wir weiterhin Menschen finden, die sich um Kranke und Sterbende
kümmern."
Trotz aller Erfolge, auf die das Hospiz St. Hildegard nach zwanzig Jahren
zusammen mit den mittlerweile insgesamt 214 stationären und rund 1.500
ambulanten Einrichtungen blicken kann, gibt es auch heute noch – darin waren
sich alle Redner einig, Herausforderungen und Aufgaben, die es zu bewältigen
gilt. So finden sich in Deutschland immer noch Regionen, in denen die
palliative Versorgung nicht sichergestellt ist. Ferner sollten zukünftig auch
Bewohner stationärer Pflegeeinrichtungen auf ähnlich hohem Niveau
palliativmedizinisch und -pflegerisch versorgt werden wie in den Hospizen.
Karl-Josef Laumann verwies in diesem Zusammenhang auf das neue Hospiz- und
Palliativgesetz, über das aktuell im Bundestag beraten wird.
Pfarrer Hans Overkämping zeigte sich zuversichtlich, dass die Hospizbewegung
für die Zukunft gut gerüstet ist: "Wir waren schon immer eine
Trotzbewegung und sollten weiterhin hellwach bleiben, um da, wo es nötig ist,
den Finger in die Wunde zu legen." In diese Richtung denkt auch
Caritasdirektor Kemner: „Die Hospizbewegung hat in Deutschland viel erreicht:
Sie wollte und will Fragen von Sterben und Tod ins Leben integrieren, die
Situation Sterbender und ihrer Angehörigen verbessern und dabei eine umfassende
menschliche Sterbebegleitung mit Hilfe von Palliativmedizin und Palliativpflege
zur Geltung bringen."
Foto: Frank Napierala
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