Wie nie zuvor war in den vergangenen Monaten in den Medien über die Misshandlung und Vernachlässigung von Kindern berichtet worden, die unumstößlich und ohne Zweifel des absoluten Schutzes bedürfen. Doch auch miterlebte Gewalt bedeutet eine Gefahr für das Wohl und die Entwicklung der Kinder. Wenn sie zum Beispiel mit ansehen müssen, wie die Mutter oder auch die Geschwister vom Vater misshandelt werden. Der Caritasverband Bochum macht sich gemeinsam mit seinen beiden Einrichtungen Neue Wege und Frauenhaus für diese Kinder stark und möchte auf ihre besondere Schutzbedürftigkeit aufmerksam machen.
Das Frauenhaus wird nicht selten unmittelbar nach den tätlichen Übergriffen des Ehemannes auf dessen Ehefrau mit der Problematik konfrontiert, dass die Kinder Zeugen dieser Gewalterlebnisse und damit stark traumatisiert sind. Leider betrachten Justiz und Jugendämter die Frage des Kindeswohls immer wieder unabhängig von der Gewalt des Vaters gegen die Mutter. „Die durch das Kind beobachtete Gewalt wird oft nicht als unmittelbare Beeinträchtigung oder Gefährdung des Kindes gewertet“, bedauert Christa Hüsten, Leiterin des Frauenhauses.
Dass das Miterleben von Gewalt aber für das Wohl und die Entwicklung des Kindes durchaus eine Gefahr darstellt, belegen wissenschaftliche Studien. So wurden eine Vielzahl von Verhaltensstörungen emotionaler aber auch kognitiver Art und auch das Erlernen der „Täter-Opfer“-Rollen festgestellt.
Neben der Berücksichtigung des Schutzbedürfnisses der Frauen und Kinder fordert das Frauenhaus daher auch die Aussetzung des Umgangsrechts für Gewalttäter, therapeutische Auflagen für die misshandelnden Männer sowie das Recht für misshandelte Frauen, nicht gegen ihren Willen zu gemeinsamen Gesprächen mit dem Täter gedrängt zu werden. „Das Schutzbedürfnis der Opfer häuslicher Gewalt hat absolute Priorität zu genießen, damit die Sicherheit von Mutter und Kindern garantiert ist“, verlangt Christa Hüsten mit Nachdruck.
Konkrete Hilfen für Kinder und Jugendliche bei häuslicher Gewalt bietet die Caritas-Beratungsstelle Neue Wege, eine ärztliche und psychosoziale Beratungsstelle gegen Misshandlung, Vernachlässigung und sexuellen Missbrauch von Kindern. „Wir haben vor zwei Jahren begonnen, die Kinder in den Blick zu nehmen, die nicht selbst geschlagen werden, sondern Gewalt mit ansehen müssen“, schildert Monika Bormann, Leiterin von Neue Wege, die Anfänge ihrer Arbeit mit betroffenen Kindern. Was als Projekt begann, politisch und wissenschaftlich unterstützt, aber zunächst nur mit einer Teilzeitstelle besetzt wurde, ist der Projektphase entwachsen und hat sich zu einem festen Angebot mit zwei festangestellten MitarbeiterInnen auf einer Personalstelle etabliert, welches sehr stark nachgefragt ist. „Die Kinder sind froh, endlich über ihre Not sprechen zu können“, so Dipl.-Sozialpädagoge Daniel Seyfried. Die Jungen und Mädchen, die gemeinsam mit ihren Müttern ihre Beratungsstelle aufsuchen, sind von Hilflosigkeit, Angst- und Schuldgefühlen gequält: Angst vor erneuten Gewaltsituationen, Angst um die Mutter und Geschwister, Schuldgefühle, die Mutter nicht ausreichend schützen zu können und für die Gewaltausbrüche des Vaters mitverantwortlich zu sein. Da die Kinder von der selbst schwer traumatisierten Mutter nicht immer genügend Hilfe erwarten können, ist es wichtig, dass die Kinder Aufmerksamkeit und Hilfe von außen bekommen. Die Beratungsstelle Neue Wege verfügt über ein umfangreiches traumatherapeutisches Angebot. Ziel ihrer Arbeit ist die Wiederherstellung der Realitätseinschätzung mit einer angemessenen Verantwortungszuschreibung sowie die Arbeit an Angst und Schuldgefühlen. Die Hilfeleistungen von Neue Wege beinhalten aber auch die Beratung der Mutter. Hierbei geht es stets um die Situation der Kinder und die Rolle der Mutter als Erziehende. Sie muss das Vertrauen der Kinder wieder gewinnen und ihre Autorität wieder herstellen. Für weiterreichende Maßnahmen werden im Bedarfsfall das Frauenhaus oder die Frauenberatungsstelle hinzugezogen.
„Wir sind froh, den Kindern ein eigenes spezialisiertes Angebot machen zu können, ihnen aus ihrer extremen Not zu helfen“, ist Monika Bormann von der Notwendigkeit ihrer Arbeit überzeugt. „Allerdings fehlen uns mehr Hilfen für die Mütter und erst recht für die Väter.“
Monika Bormann, Neue Wege, und Christa Hüsten, Frauenhaus, sprechen sich für den Vorrang des Kindeswohls aus.
Rückfragen bitte an:
Christa Hüsten
Telefon: 0234 / 50 10 34
Monika Bormann
Telefon: 0234 / 50 36 69