URL: www.caritas-bochum.de/aktuelles/presse/arbeitslosenreport-nrw-deckt-auf-079f177c-efa0-4c61-a81b-2a5b192efe42
Stand: 07.05.2019

Pressemitteilung

"Arbeitslosenreport NRW" deckt auf

arbeitslos-stempel-200.jpg Monat für Monat berücksichtigt die Bundesagentur für Arbeit einen Teil der über 58-jährigen faktisch Arbeitslosen nicht in der Arbeitslosenstatistik. Ältere Hartz IV-Empfänger haben ein überdurchschnittlich hohes Risiko einer langfristigen Hilfebedürftigkeit. Erwerbsfähige Leistungsberechtigte über 50 Jahren werden seltener arbeitsmarktpolitisch gefördert. Das sind die – aus Sicht der freien Wohlfahrt – alarmierenden Ergebnisse des aktuellen „Arbeitslosenreports NRW“, den die Wohlfahrtsverbände NRW vorlegen.

Diese Entwicklung bildet sich auch in Bochum ab. Auch in unserer Kommune werden aufgrund gesetzlicher Vorgaben 1.516 ältere Arbeitslose über 58 Jahren statistisch nicht zu den Arbeitslosen gezählt, weil sie in den letzten 12 Monaten kein Jobangebot erhalten haben oder Arbeitslosengeld bzw. Hartz IV-Leistungen unter erleichterten Bedingungen beziehen. Genauso skandalös ist, dass ältere Hartz IV-Empfänger am stärksten von Langzeitleistungsbezug betroffen sind, aber kaum arbeitsmarktpolitische Förderung erhalten. In Bochum sind im März 2014 6.308 Langzeitleistungsbezieher im Alter von über 50 Jahren registriert. Die Aktivierungsquote liegt nur bei 4,4 %. Das heißt, nur jeder 22. erwerbsfähige Leistungsberechtigte über 50 Jahren in unserer Region erhält die Möglichkeit an einer arbeitsfördernden Maßnahme teilzunehmen.

„Die in vielen Sonntagsreden hochgeschätzte berufliche Kompetenz und Erfahrung gerade bei älteren erwerbsfähigen Arbeitslosen wird durch die Ergebnisse des aktuellen Arbeitslosenreports ad absurdum geführt“, kritisiert Ulrich Kemner, Caritasdirektor und Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege Bochum. „Dies ist für uns nicht hinnehmbar. Wir wünschen uns eine deutliche Intensivierung der arbeitsmarktpolitischen Förderungen auch für Menschen über 50, und wir erwarten eine transparente Darstellung ihrer Situation in Bochum“, fordert Kemner im Namen der Bochumer Wohlfahrtsverbände.

1.516 Ältere in Bochum zählen nicht als arbeitslos

Im August 2014 registrierte die Bundesagentur für Arbeit (BA) für NRW 772.668 Arbeitslose. Diese Zahl bildet das Ausmaß der Arbeitslosigkeit jedoch nicht vollständig ab, denn etwa 180.000 faktisch Arbeitslose gingen nicht in die Statistik ein. Darunter sind rund 50.000 über 58-Jährige, die länger als zwölf Monate kein Jobangebot erhalten haben oder Arbeitslosengeld bzw. Hartz IV-Leistungen unter erleichterten Bedingungen beziehen. Diese erfasst die BA in der Unterbeschäftigungsstatistik und korrigiert so die monatlich verkündete Arbeitslosenzahl auch bei uns nach unten.

Immer mehr Leistungsbezieher über 50 Jahre

Im März 2014 gab es in NRW über 775.000 Hartz IV-Bezieher, die in den vergangenen 24 Monaten mindestens 21 Monate hilfebedürftig waren. Fast 238.000 von ihnen waren älter als 50 Jahre. Die Zahl der älteren Langzeitleistungsbezieher ist im Vergleich zum Vorjahresmonat außerdem um fast 3.000 Personen, also um 1,2 Prozent gestiegen. In Bochum verzeichnen wir sogar einen Anstieg von 2,55 Prozent.

Immer weniger arbeitsmarktpolitische Förderung für Ältere

Ältere Hartz IV-Empfänger erhalten kaum arbeitsmarktpolitische Förderung. Das belegen die Aktivierungsquoten der Bundesagentur für Arbeit, die aufzeigen, wie viele der potenziell förderbaren Personen tatsächlich an entsprechenden Maßnahmen teilnahmen: NRW-weit lag im April 2014 die Aktivierungsquote von Hartz IV-Empfängern über 50 Jahren bei 5,9 Prozent, das entspricht jeder siebzehnten grundsätzlich förderfähigen Person dieser Altersgruppe. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Aktivierungsquote der über 50-Jährigen um 0,5 Prozentpunkte gesunken.

In Bochum wurde – so die Erkenntnisse der AG Wohlfahrt – im April 2014 nur noch jeder 22. erwerbsfähige Leistungsberechtigte über 50 Jahren durch eine Maßnahme gefördert.

Hintergrund:
Die Wohlfahrtsverbände in NRW veröffentlichen mehrmals jährlich den „Arbeitslosenreport NRW“. Darin enthalten sind aktuelle Zahlen und Analysen für Nordrhein-Westfalen; Basis sind Daten der offiziellen Arbeitsmarktstatistik der Bundesagentur für Arbeit. Jede Ausgabe widmet sich einem Schwerpunktthema. Hinzu kommen Kennzahlen zu Unterbeschäftigung, Langzeitarbeitslosigkeit und SBGII-Hilfequoten, um längerfristige Entwicklungen sichtbar zu machen. Der Arbeitslosenreport NRW sowie übersichtliche Datenblätter mit regionalen Zahlen können im Internet unter http://www.arbeitslosenreport-nrw.de heruntergeladen werden.

Der Arbeitslosenreport NRW ist ein Kooperationsprojekt der Freien Wohlfahrtspflege NRW mit dem Institut für Bildungs- und Sozialpolitik (IBUS) der Hochschule Koblenz. Ziel der regelmäßigen Veröffentlichung ist es, den öffentlichen Fokus auf das Thema Arbeitslosigkeit als wesentliche Ursache von Armut und sozialer Ausgrenzung zu lenken, die offizielle Arbeitsmarkt-Berichterstattung kritisch zu hinterfragen und dabei insbesondere die Situation in Nordrhein-Westfalen zu beleuchten.

Ulrich W. Kemner
Caritasdirektor und
Vorsitzender der Bochumer AG Freie Wohlfahrtspflege
Caritasverband für Bochum und Wattenscheid e. V.
Huestr. 15
D 44787 Bochum
Tel.: +49 / 234 / 9 64 22-65/-66
Fax: +49 / 234 / 6 42 25
E-Mail: ulrich.kemner@caritas-bochum.de
www.caritas-bochum.de