Monat
für Monat berücksichtigt die Bundesagentur für Arbeit einen Teil der über
58-jährigen faktisch Arbeitslosen nicht in der Arbeitslosenstatistik. Ältere
Hartz IV-Empfänger haben ein überdurchschnittlich hohes Risiko einer langfristigen
Hilfebedürftigkeit. Erwerbsfähige Leistungsberechtigte über 50 Jahren werden
seltener arbeitsmarktpolitisch gefördert. Das sind die – aus Sicht der freien
Wohlfahrt – alarmierenden Ergebnisse des aktuellen „Arbeitslosenreports NRW“,
den die Wohlfahrtsverbände NRW vorlegen.
Diese Entwicklung bildet sich auch in Bochum ab. Auch in unserer Kommune werden
aufgrund gesetzlicher Vorgaben 1.516 ältere Arbeitslose über 58 Jahren
statistisch nicht zu den Arbeitslosen gezählt, weil sie in den letzten 12
Monaten kein Jobangebot erhalten haben oder Arbeitslosengeld bzw. Hartz
IV-Leistungen unter erleichterten Bedingungen beziehen. Genauso skandalös ist,
dass ältere Hartz IV-Empfänger am stärksten von Langzeitleistungsbezug
betroffen sind, aber kaum arbeitsmarktpolitische Förderung erhalten. In Bochum
sind im März 2014 6.308 Langzeitleistungsbezieher im Alter von über 50 Jahren
registriert. Die Aktivierungsquote liegt nur bei 4,4 %. Das heißt, nur jeder
22. erwerbsfähige Leistungsberechtigte über 50 Jahren in unserer Region erhält
die Möglichkeit an einer arbeitsfördernden Maßnahme teilzunehmen.
„Die in vielen Sonntagsreden hochgeschätzte berufliche Kompetenz und Erfahrung
gerade bei älteren erwerbsfähigen Arbeitslosen wird durch die Ergebnisse des
aktuellen Arbeitslosenreports ad absurdum geführt“, kritisiert Ulrich Kemner,
Caritasdirektor und Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der Freien
Wohlfahrtspflege Bochum. „Dies ist für uns nicht hinnehmbar. Wir wünschen uns
eine deutliche Intensivierung der arbeitsmarktpolitischen Förderungen auch für
Menschen über 50, und wir erwarten eine transparente Darstellung ihrer
Situation in Bochum“, fordert Kemner im Namen der Bochumer Wohlfahrtsverbände.
1.516 Ältere in Bochum zählen nicht als arbeitslos
Im August 2014 registrierte
die Bundesagentur für Arbeit (BA) für NRW 772.668 Arbeitslose. Diese Zahl
bildet das Ausmaß der Arbeitslosigkeit jedoch nicht vollständig ab, denn etwa
180.000 faktisch Arbeitslose gingen nicht in die Statistik ein. Darunter sind
rund 50.000 über 58-Jährige, die länger als zwölf Monate kein Jobangebot
erhalten haben oder Arbeitslosengeld bzw. Hartz IV-Leistungen unter
erleichterten Bedingungen beziehen. Diese erfasst die BA in der
Unterbeschäftigungsstatistik und korrigiert so die monatlich verkündete
Arbeitslosenzahl auch bei uns nach unten.
Immer mehr Leistungsbezieher über 50 Jahre
Im März 2014 gab es in NRW
über 775.000 Hartz IV-Bezieher, die in den vergangenen 24 Monaten mindestens 21
Monate hilfebedürftig waren. Fast 238.000 von ihnen waren älter als 50 Jahre.
Die Zahl der älteren Langzeitleistungsbezieher ist im Vergleich zum Vorjahresmonat
außerdem um fast 3.000 Personen, also um 1,2 Prozent gestiegen. In Bochum
verzeichnen wir sogar einen Anstieg von 2,55 Prozent.
Immer weniger arbeitsmarktpolitische Förderung für Ältere
Ältere Hartz IV-Empfänger
erhalten kaum arbeitsmarktpolitische Förderung. Das belegen die
Aktivierungsquoten der Bundesagentur für Arbeit, die aufzeigen, wie viele der
potenziell förderbaren Personen tatsächlich an entsprechenden Maßnahmen teilnahmen:
NRW-weit lag im April 2014 die Aktivierungsquote von Hartz IV-Empfängern über
50 Jahren bei 5,9 Prozent, das entspricht jeder siebzehnten grundsätzlich
förderfähigen Person dieser Altersgruppe. Im Vergleich zum Vorjahr ist die
Aktivierungsquote der über 50-Jährigen um 0,5 Prozentpunkte gesunken.
In Bochum wurde – so die Erkenntnisse der AG Wohlfahrt – im April 2014 nur noch
jeder 22. erwerbsfähige Leistungsberechtigte über 50 Jahren durch eine Maßnahme
gefördert.
Hintergrund:
Die Wohlfahrtsverbände in NRW veröffentlichen mehrmals jährlich den „Arbeitslosenreport
NRW“. Darin enthalten sind aktuelle Zahlen und Analysen für
Nordrhein-Westfalen; Basis sind Daten der offiziellen Arbeitsmarktstatistik der
Bundesagentur für Arbeit. Jede Ausgabe widmet sich einem Schwerpunktthema.
Hinzu kommen Kennzahlen zu Unterbeschäftigung, Langzeitarbeitslosigkeit und
SBGII-Hilfequoten, um längerfristige Entwicklungen sichtbar zu machen. Der
Arbeitslosenreport NRW sowie übersichtliche Datenblätter mit regionalen Zahlen
können im Internet unter
http://www.arbeitslosenreport-nrw.de
heruntergeladen werden.
Der Arbeitslosenreport NRW ist ein Kooperationsprojekt der Freien
Wohlfahrtspflege NRW mit dem Institut für Bildungs- und Sozialpolitik (IBUS)
der Hochschule Koblenz. Ziel der regelmäßigen Veröffentlichung ist es, den
öffentlichen Fokus auf das Thema Arbeitslosigkeit als wesentliche Ursache von
Armut und sozialer Ausgrenzung zu lenken, die offizielle
Arbeitsmarkt-Berichterstattung kritisch zu hinterfragen und dabei insbesondere
die Situation in Nordrhein-Westfalen zu beleuchten.