Die Zahlen des aktuellen
Arbeitslosenreports der Freien Wohlfahrtspflege NRW belegen: Arbeitslose in
Bochum, die im SGB II („Hartz-IV-System“) „stecken“, haben deutlich schlechtere
Chancen auf Eingliederung in den Arbeitsmarkt als Arbeitslose, die im Schutz
der Arbeitslosenversicherung (SGB III) Arbeitslosengeld beziehen.
Der mit dem Arbeitslosenreport NRW veröffentlichte Datenreport belegt, dass in
Bochum im Jahr 2015 monatlich nur jeder vierzigste Arbeitslose im
Hartz-IV-System eine Arbeit oder eine Ausbildung gefunden hat.
Arbeitslose aus der Arbeitslosenversicherung in Bochum haben da deutlich
bessere Chancen. Hier konnte in 2015 monatlich etwa jeder zehnte Arbeitslose
eine Arbeit finden oder eine Ausbildung beginnen. Bei den wenigen Arbeitslosen
im Hartz-IV-System, die eine Arbeit fanden, dauerte die Arbeitssuche zudem
dreimal so lange wie bei den Arbeitslosen in der Arbeitslosenversicherung. Die
Zahlen belegen, dass Arbeitslose im SGB II deutlich schlechtere
Eingliederungschancen in den Arbeitsmarkt haben. „Deshalb brauchen wir auch in
Bochum eine offensive Diskussion, wie wir es schaffen, besonders benachteiligte
Arbeitslose nicht von Teilhabe auszuschließen“, so Ulrich Kemner, Vorsitzender
der Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege in Bochum. „Für sie benötigen
wir längerfristige Angebote öffentlich geförderter Beschäftigung, am besten in
Form von bezuschussten sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen. Das
verstehen wir unter einem Sozialen Arbeitsmarkt.“
Wenn Arbeitslose ihre Arbeitslosigkeit beenden, heißt das zumeist nicht, dass
sie tatsächlich eine Anstellung gefunden haben. In Bochum hat im Mai 2016 nicht
einmal die Hälfte (39 Prozent) der Arbeitslosen in der
Arbeitslosenversicherung, die ihre Arbeitslosigkeit beendeten, eine reguläre
Arbeit aufgenommen oder sich selbstständig gemacht. Arbeitslose im Hartz-IV-System
haben es noch schwerer. Von denen, die ihre Arbeitslosigkeit beendeten,
schafften in Bochum nur 13 Prozent den Sprung in Arbeit oder Selbstständigkeit.
Im Hartz-IV-System ist die Teilnahme an Fördermaßnahmen des Jobcenters und die
Nichterwerbstätigkeit zum Beispiel wegen Kindererziehung oder der Pflege von
Angehörigen ein wesentlich häufigerer Abgangsgrund aus der Arbeitslosigkeit (32
Prozent bzw. 46 Prozent).
Und noch eins fällt im aktuellen Arbeitslosenreport der Wohlfahrtspflege NRW
auf. Knapp 33 Prozent der Arbeitnehmer und Selbständigen in Bochum, die
arbeitslos werden, erhalten nicht mehr das am letzten Einkommen bemessene
Arbeitslosengeld, sondern fallen direkt in den Hartz-IV-Bezug. Die Gründe
hierfür sind zum einen kurzfristige Jobs, weshalb die Betroffenen nicht lange
genug in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben. Zum anderen kann das
Arbeitslosengeld bei einem sehr niedrigen vorherigen Einkommen auch den
Hartz-IV-Satz unterschreiten. Dann wird das Arbeitslosengeld mit Leistungen aus
der Grundsicherung „aufgestockt“.
„Die Arbeitslosenversicherung verliert für viele Erwerbstätige ihre
Schutzfunktion“ mahnt Ulrich Kemner stellvertretend für die Verbände der Freien
Wohlfahrtspflege in Bochum. „Um ein weiteres Erodieren zu verhindern, ist die
Politik gefordert, die Zugangsmöglichkeiten, zum Beispiel durch eine Ausweitung
der Rahmenfrist in der Arbeitslosenversicherung, zu erleichtern.“
Luidger Wolterhoff, Leiter der Agentur für Arbeit Bochum, nimmt wie folgt
Stellung zu den Zahlen und Bewertungen der Wohlfahrtsverbände: „Wie in vielen
anderen Städten Deutschlands ist auch in Bochum die Langzeitarbeitslosigkeit mit
rund zehn Prozent relativ hoch. Umso erfreulicher ist es, dass wir bereits im
letzten Jahr bei der Reduzierung der Langzeitarbeitslosigkeit in Bochum gute
Erfolge erzielen konnten. Die Zahl der durchschnittlich langzeitarbeitslosen
Menschen in Bochum lag 2015 bei 8.133. Das sind knapp 5 Prozent weniger als
noch im Jahr 2014."
„Es stimmt aber,“ so Wolterhoff, „dass die Chancen, wieder in den Arbeitsmarkt
integriert zu werden, sinken, je länger die Arbeitslosigkeit andauert. Wir
müssen bei der Ursachenbekämpfung allerdings auch berücksichtigen, dass über
die Hälfte der Arbeitslosen ohne abgeschlossene Ausbildung sind. Der
Arbeitsmarkt in Bochum hat sich in den letzten Jahren stark verändert und ist geprägt
von der Nachfrage nach Fachkräften. Entsprechend muss qualifiziert werden. Das
Angebot für Helfertätigkeiten nimmt tendenziell ab. Wer sich qualifiziert,
steigert immer seine Chance auf dem Arbeitsmarkt. Unser Bestreben liegt daher
insbesondere in der Aus- und Weiterbildung. Vor allem Maßnahmen, bei denen ein
Abschlusszertifikat erworben wird, haben wir uns auf die Fahnen geschrieben, um
mehr Menschen wieder nachhaltig in den Arbeitsmarkt integrieren zu können.“